Aus einem Kloster des neunten Jahrhunderts soll das Rezept für den Maitrunk überliefert worden sein. Ich habe es vor Jahrzehnten in einem steirischen Kräuter-Kochbuch gefunden. Seither setze ich das Getränk alle paar Jahre an. Einige unserer Freunde kennen es bereits als Begleitgetränk eines feinen Essens mit „besonderem touch“. Auch ideal zur „Verwertung“ eines alt gewordenen Weißweins.

Einleitend möchte ich dir die Kräuter, die zum Ansetzen verwendet werden, kurz vorstellen:

Der Waldmeister

In und um Feldkirch bildet der Waldmeister zur Zeit wahre weiße Blütenmeere an Waldrändern

Der Waldmeister gehört zur Familie der Rötegewächse. Dazu gehören auch das echte Labkraut, das Wiesen-Labkraut und das Klettenlabkraut. Der Waldmeister ist der Vertreter mit dem ausgeprägtesten Aroma.

Erkennungsmerkmale und Sammelzeit

Du findest den Waldmeister in lichten Laubwäldern und an Waldrändern. Er wächst in Tallagen bis hinauf zu den Almen.

Die Blätter sind in mehrblättrigen (6 bis 10 Stück) Quirlen rund um den vierkantigen Stängel angeordnet. Die Einzelblätter sind schmal, längselliptisch, am äußeren Ende zugespitzt und an Rand und Mittelnerv rau. Die weißen Blüten sind doldenartig angeordnet, besitzen 4 Blütenblätter und sind sehr zart.
Wenn du ihn nicht sicher bestimmen kannst, nimm ein Bestimmungsbuch und eventuell auch eine App zu Hilfe.
Verwechslungen sind eigentlich nur innerhalb der Pflanzenfamilie möglich. Das wäre ungefährlich, da alle bei uns vorkommenden Rötegewächse essbar sind.

Das markanteste Erkennungszeichen ist der wunderbare, nach Heu riechende Duft, der allerdings erst nach dem Welken richtig kräftig wird. Aromaträger ist die ganze Pflanze ohne Wurzel.

Sammelzeit ist die Zeit des Beginns der Blüte. Zu dieser Zeit ist das Aroma schon kräftig, die Inhaltsstoffe reich vorhanden. In älteren Pflanzen wird der Cumaringehalt zu hoch.

Inhaltsstoffe und Verwendung

Der Waldmeister enthält Cumarine, Flavonoide, Gerb- und Bitterstoffe und Glykoside.

Er wirkt krampflösend, stimmungsaufhellend und schlaffördernd. Daher wird er in der Volksmedizin gegen Kopfschmerzen, Leibschmerzen und als Einschlafhilfe eingesetzt. Die Anwendung erfolgt als Tee, Wein oder getrocknet in einem Kräuterkissen (gemeinsam mit entsprechenden anderen Kräutern, wie Zitronenmelisse, Lavendel, …).

Bei Insektenstichen können die frisch zerquetschten Blättchen aufgelegt werden.

Auch in Räuchermischungen findet sich mitunter Waldmeister.

In der Küche ist Waldmeister schon lange im Einsatz.
Wichtig: Nur getrocknet oder mindestens angewelkt schenkt uns die Pflanze ihr wunderbares Aroma.
Vermutlich die älteste Einsatzart ist die als Würze im Bier – bereits zur Zeit der Kelten und Germanen. Ein Klassiker ist heute noch das „Berliner Weiße grün“ – ein Weißbier mit einem Schuss Waldmeistersirup.
Tradition ist der Genuss einer Waldmeister-Bowle rund um Pfingsten. Dazu brauchst du für die ursprüngliche Rezeptur nur Waldmeister, Weißwein und Sekt.
Aus meiner Kindheit ist mir noch ein knallgrüner Pudding mit Waldmeister-Aroma in Erinnerung, ebenso ein Eislutscher.
Waldmeister-Sirup und getrockneter Waldmeister für Tee sind weitere Anwendungen.

Achtung vor Überdosierung: Das kann zu Kopfschmerzen führen.

Die Blätter der Walderdbeere

Üblicherweise essen wir die wunderbar aromatischen Früchte der Walderdbeere. In ihren Blättern hat sie aber auch Wirkstoffe. Im Maitrunk versorgen uns diese Blätter vor allem mit Gerbstoffen.

Sammelhinweise

Verwendet werden die Blätter der Erdbeere von April bis Juli.

Inhaltsstoffe und Verwendung

Die Blätter enthalten 5 – 10 % Gerbstoffe, Flavonoide, ätherisches Öl und Salicylsäure.

Die Blätter werden arzneilich als mildes Mittel gegen Durchfall verwendet. Sie wirken harntreibend und adstringierend.
Aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe können sie auch als Tee zum Gurgeln bei Entzündungen im Hals- und Rachenbereich eingesetzt werden.

Der Geschmack der Blätter ist ganz leicht säuerlich. Ganz junge Blätter kommen als Wildgemüse zum Einsatz.
Bekannt ist die Verwendung der Erdbeerblätter zur Teebereitung; als koffeinfreier Schwarztee-Ersatz werden sie vor der Trocknung fermentiert.

Die Blätter der schwarzen Johannisbeere

Sammelhinweise

Zu gesundheitlichen Zwecken werden die Blätter im Frühjahr bis Frühsommer gesammelt. Als aromatisches Gemüse werden die ganz jungen Blätter (ebenso wie die Blütenknospen und die sich soeben öffnenden Blüten) verwendet.

Inhaltsstoffe und Verwendung

Die Blätter der schwarzen Johannisbeere enthalten Flavonoide, Procyanidine, Diterpene und Phenolcarbonsäuren. Ganz junge Blätter sind eiweißreich.

In der Volksmedizin werden sie bei Harnwegsentzündungen, Rheuma, Arthritis und Gicht verwendet. Frisch oder zerrieben können sie auf Insektenstiche oder kleine Wunden aufgelegt werden.

Im Maitrunk machen auch sie einen Teil des besonderen Aromas aus.

Die Gundelrebe

Die Gundelrebe habe ich bereits als Zutat für die Neunkräutersuppe vorgestellt. https://www.kraeutereva.at/wp-admin/post.php?post=1288&action=edit
Darin ist sie eines der Kräuter, das traditionell dazu gehört.
Ihren Platz im Maitrunk hat sie dank ihrer appetitanregenden und verdauungsfördernden Eigenschaften bekommen. Sie gibt dem Getränk den würzig-herben Geschmack.

Maitrunk

Zutaten

0,75 L trockener, alter Weißwein
5 g Waldmeisterblätter und -blüten
5 g Walderdbeerblätter
2,5 g Blätter der schwarzen Johannisbeere
2,5 g Gundelrebenblätter
37,5 g Staubzucker

Ein angewärmtes 1-L-Glas mit Deckel

Zubereitung

  • Die Pflanzenteile reinigen.

  • Dann in das leicht vorgewärmte Glas legen. Mit dem Staubzucker abdecken. 2 – 3 Stunden zugedeckt stehen lassen.
  • Dann den Wein darüber gießen, Deckel schließen und das Ganze nochmals 3 Stunden stehen lassen. Ab und zu schwenken, damit sich der Zucker auflöst.

  • Abschließend den Wein filtern und in eine oder mehrere Flaschen abfüllen. Verschließen und im kühlen Keller oder Kühlschrank lagern. Hält mindestens 1 Jahr.

Gilt als belebendes Getränk und, nach Mahlzeiten genossen, als verdauungsfördernd.

Gutes Gelingen und wohl bekomm’s!

Quellen: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. 2000 Pflanzen Mitteleuropas von Fleischhauer, Guthmann und Spiegelberger u.a.m.