Dieser Sommer zeichnet sich leider durch Wetterkapriolen aus. Der Osten Österreichs stöhnt unter der Dauerhitze, im Westen gibt es immer wieder Unwetter. Entsprechend habe (nicht nur) ich heuer auch ein ganz besonderes Erntejahr. Einige Kräuter und Blüten konnte ich gar nicht sammeln, da zur Sammelzeit „Regenzeit“ war. Dafür bin ich aktuell mit einer großen Menge an Obst-, Beeren- und Pilzernten sowie diversen Sturmschäden konfrontiert.
Vor einigen Wochen sind beinahe alle Töpfe mit Tomaten im Sturm „flach gelegen“. Sie ließen sich dann zwar relativ unbeschadet aufrichten, aber etliche grüne Tomaten lagen rundum verstreut. So habe ich eine Arbeit vorgezogen, die ich üblicherweise immer erst im Herbst mache: Grüne Tomaten milchsauer vergären. Das in den grünen Tomaten enthaltene, gesundheitsschädigende, Tomanin wird durch die Fermentation teilweise abgebaut und nach etwa 2 Wochen (oder später) kann das „Fallgemüse“ als sauer-pikante Beilage zur Jause genossen werden.
Über grüne Tomaten und das darin enthaltene Tomatin
Immer wieder habe ich gelesen, wie giftig Solanin sei, das in grünen Kartoffeln, unreifen Tomaten usw. enthalten ist und die aus diesem Grund nicht gegessen werden dürfen. Wie giftig ist Solanin tatsächlich? Wie äußern sich Vergiftungserscheinungen? Gibt es Grenzwerte? Wie kann man Solanin unschädlich machen oder kann man das gar nicht?
Es war gar nicht so einfach seriöse Antworten zu finden. Auf der Homepage des Zentrums der Gesundheit.de (https://www.zentrum-der-gesundheit.de/ernaehrung/lebensmittel/inhaltsstoffe/solanin) wurde ich endlich fündig.
(Wen es interessiert, Vergiftungszeichen mit Solanin (in Erdäpfeln enthalten; das in Tomaten enthaltene Tomatin dürfte in hohen Mengen ähnliche Symptome verursachen) werden wie folgt beschrieben : Brennendes Gefühl im Mund- und Rachenraum, Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, (blutiger) Durchfall.
Schwerere Vergiftungszeichen mit Solanin: Neurologische Symptome (z. B. Benommenheit, Bewusstseinsstörungen, Muskelzittern und Schwäche), Beeinträchtigungen von Atmung und Kreislauf (z. B. Atemnot und Schwindel, Herzrhythmusstörungen), Ödeme, Übelkeit, Ermüdung u. a. als Folgen einer akuten Störung der Nierenfunktion, Bräunlich verfärbter Urin, Gelbsucht und Blässe der Haut (als Folge einer Hämolyse, der Zerstörung von roten Blutkörperchen).
Die Vergiftungssymptome können bis zu einer Woche lang anhalten.
Damit es zu Vergiftungserscheinungen kommt, müssen sehr hohe Mengen an grünen oder bereits ausgetriebenen Erdäpfeln verspeist werden. Es wird empfohlen, solche Produkte nicht zu konsumieren, ebenso keine bitter schmeckenden Erdäpfel zu essen.
Weiters wird festgehalten, dass keine Langzeitschäden durch Solanin bekannt sind.)
Für weitere Informationen auf der oben angeführten Homepage des Zentrums für Gesundheit.de nachlesen.
Tomaten, wie alle Nachtschattengewächse (und auch andere Pflanzen – diese aber meist in minimalen Mengen), enthalten Glykoalkaloide. Dazu gehören das in Erdäpfeln enthaltene Solanin und das in Tomaten enthaltene Tomatin. Glykoalkaloide gehören zur Gruppe der Alkaloide und sind so genannte sekundäre Pflanzenstoffe. Alkaloide sind überall dort vorhanden, wo es um den Schutz der Pflanzen vor feindlicher Umgebung (Fressfeinde, Befall mit krankmachenden Mikroben) geht. In höherer Konzentration machen Solanin und Tomatin den Geschmack der Lebensmittel bitter.
Biologisch gesehen dienen Früchte zur Vermehrung und zum Fortbestand der Art. Nur die Samen in reifen Tomaten sind keimfähig. Um zu verhindern, dass unreife und somit nicht zum Fortbestand der Art geeignete Samen in den Naturkreislauf gelangen, schützen die Pflanzen ihre Früchte durch das bitter schmeckende Tomatin. Fressfeinde werden so abgewehrt. (Einige Tierarten lassen sich davon nicht abhalten – sie verstoffwechseln Tomatin anders als wir.) In reifen Tomaten ist dieses giftige Alkaloid nur mehr in sehr geringen Mengen (vor allem um den Strunk) enthalten.
Für uns Menschen wurde im Zusammenhang mit Erdäpfeln erforscht, welche Mengen an Solanin wir zu uns nehmen müssen damit es zu Vergiftungserscheinungen kommen kann. Dabei wurde (wie auch im Zusammenhang mit anderen Giftstoffen) unter anderem festgestellt, dass die Schwellenwerte individuell verschieden sind.
2015 wurde von der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) der empfohlene Grenzwert an Gehalt von Solanin für Kartoffeln auf 100 mg je 1 kg Gesamtmasse festgelegt.
Unreife Tomaten sollen einen Glykoalkaloidgehalt von etwa 100 bis 300 mg/kg Gesamtmasse und reife Tomaten meist einen Gehalt von weniger als 10 mg/kg haben.
Es ist dazu festzuhalten, dass sich die Glykoalkaloide von Tomaten, Erdäpfeln und anderen Nachtschattengewächsen chemisch geringfügig voneinander unterscheiden und es keine bekannten Vergiftungsfälle mit Tomaten gibt.
Jedenfalls scheint es so zu sein, dass für Erwachsene schädliche Mengen an Tomatin die Gerichte so bitter schmecken lassen, dass wir sie nicht mehr mit Genuss essen würden. Kinder sollten grüne Tomaten sicherheitshalber in keiner Zubereitungsform zu sich nehmen.
In einschlägigen Foren wird berichtet, dass durch Fermentieren (milchsaure Vergärung) 1/3 des Tomatins abgebaut wird, das sich dann großteils in der Lake befindet. Daher soll diese Lake nicht getrunken werden.
Weiter ist nachzulesen, dass neben schädlichen auch positive Wirkungen (Antimikrobiell, Entzündungshemmend, Krebshemmend, Cholesterinsenkend) von Glykoalkaloiden bekannt sind und näher erforscht werden.
Neben dem Glykoalkaloid Tomatin enthalten Tomaten sehr viele gesunde Inhaltsstoffe (Kalium, Kalzium, Magnesium, Eisen, die Vitamine A, B1, B2, Niacin, B6, C, E und Folsäure sowie Carotinoide {z.B. Lycopin}, die u.a. antioxidativ wirken, und das Flavonoid Quercetin).
Weitere interessante Informationen habe ich auch auf der Homepage des Öffentlichen Österreichischen Gesundheitsportals gefunden https://www.gesundheit.gv.at/leben/ernaehrung/saisonkalender/alle/tomaten.html
Bitte bei Interesse dort nachlesen.
Fazit: In kleinen Mengen genossen und wenn der Geschmack gut ist, spricht überhaupt nichts gegen die Verwendung von fermentierten grünen Tomaten!
Fermentierte grüne Tomaten
Nach einer Idee von Ingrid Palmetshofer
Zutaten
Grüne Tomaten
1 kleiner Knoblauch je Glas
1 Scheibe Zwiebel je Glas
Lorbeer (je Glas 1 Stück)
Piment (je Glas 1 Stück)
schwarze Pfefferkörner (je Glas mehrere Stück)
2 kleine Weinblätter je Glas (alternativ Blätter von Johannisbeere, Haselnuss, Kraut)
2 %-ige Salzlake (2 g Salz auf 100 ml Wasser)
Kleines Weckglas “Tulpe“ mit Deckel, Gummiring und Clips
Marmeladeschälchen mini aus Glas oder einen Weckglasdeckel der nächstkleineren Größe, als der Deckel, der das verwendete Glas verschließt
Bei Bedarf Glas-Deko-Steine o.a. Beschwerung
Zubereitung
- Neue Gläser mit kochend heißem Wasser spülen und auf einem sauberen Tuch abtropfen lassen. Bereits verwendete Gläser müssen nur sauber abgewaschen sein.
- Salz im Wasser (Zimmertemperatur) auflösen. Ab und zu umrühren.
- Tomaten in Scheiben schneiden. Kleine Tomaten halbieren oder mit einem Zahnstocher / einer Stecknadel mehrmals anstechen. Je kleinem Glas 1 kleine Knoblauchzehe und 1 halbe kleine Zwiebel ebenso in Scheiben schneiden.
- 1 Weinblatt auf den Boden des Glases legen. Darüber das Gemüse mit den Gewürzen einschichten, gut andrücken. Zum oberen Glasrand sollte mindestens 1 fingerbreit frei bleiben. Weinblatt darüberlegen. Salzwasser darüber gießen. Beschwerung einlegen. Vorsichtig auf den Glasboden klopfen, damit möglichst alle Luftbläschen aufsteigen können. Beschwerung fest auf die Knospen drücken, bis das Salzwasser über dem Weinblatt steht. Glas nun mit Gummi, Deckel und Klammer schließen.
- Bei Zimmertemperatur zugedeckt ca. 5 bis 9 Tage fermentieren lassen. Dazu das Glas am besten auf einen Teller stellen, falls der Inhalt „überschäumt“.
(Anmerkungen: Läuft der Gärvorgang zu schnell ab, wird der Inhalt matschig weich und der Geschmack leidet – daher auf die Raumtemperatur achten. Ideal wären 18 bis 20°C! – bei hoher Raumtemperatur im Wohnbereich auf den Keller o.ä. ausweichen. Eine andere Möglichkeit ist, die Salzlake höherprozentig anzusetzen. 3%ig finde ich geschmacklich noch gut; bis maximal 5% ist eine milchsaure Gärung möglich, darüber sterben die Milchsäurebakterien ab.)
- Wenn der Säuregehalt passt, im Kühlschrank aufbewahren. Hält einige Monate.
- Inhalt immer mit sauberem Besteck entnehmen, danach Beschwerung wieder fest darauf drücken. Falls nötig, Salzlake nachfüllen.
Gutes Gelingen beim Herstellen und „Mahlzeit“ beim Genießen wünscht
Kräutereva
Wie immer gilt:
Die Autorin übernimmt keine Verantwortung und Haftung für Wirkung und Gelingen. Die Leser handeln auf eigene Gefahr.