Für Maiwipfel scheint es doch schon bereits zu spät? Nicht in mittleren bis höheren Lagen! Hier ist im Juni die richtige Zeit um die zarten, jungen Triebe der Fichten zu sammeln. Der daraus gewonnene Sirup ist eine gute, wohlschmeckende Hilfe gegen Husten im Rahmen von Erkältungskrankheiten.
Auch in der Küche finden die zitronig-aromatischen Wipferln Verwendung.

Von wild aufgewachsenen kleinen Bäumchen inmitten von Almwiesen gesammelt, tun wir damit uns und den Wiesen zugleich viel Gutes: Bewegung an der frischen Luft, „Abschalten“ beim Sammeln, Gewürz- und Heilpflanzen für zu Hause und Weidenpflege. Und vielleicht gibt es auch eine gute Jause im Alm- oder Bergstüberl …

Also am nächsten freien Tag nichts wie hinauf auf die Alm!

Gewöhnliche Fichte, Rottanne
(Picea abies)
Familie der Kieferngewächse (Pinaceae)

Die zarten, jungen Triebe der Fichte – Maiwipferl oder Tannenwipferl genannt

Namensherkunft

Picea leitet sich von „pix“ = Pech ab. Früher wurde aus Fichten Pech gewonnen. In der Naturheilkunde wird auch heute noch die Pechsalbe verwendet. 

Aussehen und Vorkommen

Fichten sind flachwurzelnde, immergrüne Nadelbäume. Sie werden bis zu 60 m hoch und können einen Stammdurchmesser bis zu 2 m haben. Die Rinde ist rotbraun mit borkiger Oberfläche; schon bei kleinen Verletzungen tritt Harz aus.

Sammelhinweise

An erster Stelle muss unbedingt sicher sein, dass es sich beim Sammelgut um Fichtentriebe handelt! Eine Verwechslung mit Tannen wäre kein Problem, nur die Inhaltsstoffe unterscheiden sich etwas.
Würden allerdings (tödlich giftige) Eibentriebe unter das Sammelgut geraten, wäre das fatal!

Sammeln von jungen Fichtentrieben ohne (gerechtfertigtem) Protest von Waldbesitzern klappt wunderbar auf Almweiden, wo selbst aufgehende, junge Fichten zum Erhalt der Almweiden ohnehin regelmäßig ausgerissen werden müssen.

Ausgewachsene Fichtennadeln können in großen Mengen nach (abgeschlossenen!) Waldschlägerungen oder von umgestürzten Bäumen nach Sturmschäden gesammelt werden.

Inhaltsstoffe

Ätherisches Öl sowie unter anderen das Monoterpen Boornylacetat, Alpha-Pinen, Limonen, Camphen und Phellandren. Diese Stoffe sind in sehr jungen Trieben in geringer Menge vorhanden, dafür findet man Vitamin C, Zucker und Gerbstoffe.

Wirkung

Antimikrobiell, auswurffördernd und durchblutungsfördernd.

Achtung!

Vor der Einnahme bei Atemwegserkrankungen müssen Keuchhusten und Asthma ausgeschlossen werden – es könnten Krämpfe auftreten.      

Bäder nicht bei verletzter Haut, Fieber oder Herzschwäche anwenden.

Volksmedizin

Ätherisches Öl in Öl (2 Tropfen ätherisches Öl auf 100 ml fettes Öl) für Einreibungen bei Atemwegserkrankungen oder gegen Muskelverspannungen und als Hilfe bei Rheuma

Vollbäder mit Aufguss aus Fichtennadeln gegen Verspannungen und am Beginn von oder bei drohenden Erkältungen.

Verdünntes ätherisches Öl für Inhalationen gegen Atemwegserkrankungen.

Früher auch innerliche Anwendungen von jungen Trieben bei Skorbut und Tuberkulose, äußerlich als Badezusatz bei Nervenkrankheiten und das Öl in der Kosmetik.

Sirup oder Teezubereitung aus den sehr jungen Trieben (Maiwipferln, Tannengipfele, …) gegen Husten.

Pechsalbe als Zugsalbe bei geschlossenen, eitrigen Wunden oder als Einreibung gegen Verspannungen.

Wissenschaftlich belegte Anwendungen

Laut Komission E bei Erkrankungen der Atemwege, rheumatischen Beschwerden oder auch neuralgischen Schmerzen.
Fichtennadelöl steigert die Durchblutung und die Bronchialsekretion.

Verdünntes ätherisches Öl oder Abkochungen der Triebe zum Einnehmen, Inhalieren oder als Badezusatz, auch in Form von Salben.  

Verwendung in der Küche

Die jungen, weichen Triebe schmecken zitronenartig; die harten Nadeln stark aromatisch nach – Nadelbaum. 😉    

Sie eignen sich zum Würzen für Limonaden, zur Tee- und Likörzubereitung, als Salatbeigabe und Gewürz, auch für Süßspeisen.

Am besten bleiben die Inhaltsstoffe bei einem Kaltauszug erhalten, durch den Zucker ist Haltbarkeit gewährleistet:

Hustensirup mit Maiwipferln

Materialbedarf

Ein Einmachglas von Weck, Rex, oder … (Schraubdeckel könnten innen rosten)

Maiwipferln

Rohzucker

Zubereitung

  • Das saubere Glas, den Gummi und den Deckel mit kochend heißem Wasser spülen und auf einem sauberen Tuch abtropfen lassen.

  • Eine Schicht Maiwipferl in das trockene Glas füllen. Darauf eine etwa halb so hohe Schicht Zucker geben, gut fest drücken.

  • So lange wiederholen, bis das Glas gefüllt ist. Die letzte Schicht ist eine etwas dickere Zuckerschicht.

  • Glas gut verschließen und auf einen gleichmäßig temperierten Platz stellen (ich stelle das Glas in den Vorratskeller).
  • Nach einigen Tagen Kontrolle des Inhalts. Liegen Wipferl ohne Zuckerbedeckung im Glas, dann nochmals etwas Zucker auffüllen, bis wieder alles gut bedeckt ist.
Entlang des Glasrandes hat sich der Zucker zusammengezogen und es liegen nun einige Triebe frei. Um Schimmelbildung, Fäulnis oder Gärung zu unterbinden muss nochmals Zucker aufgefüllt werden.
  • Immer wieder kontrollieren, ob die Triebe unter dem Zucker oder unter einer Zuckerlösung liegen.
  • Nach einigen Wochen bis zu Monaten hat sich der Zucker aufgelöst, die Triebe sind gelb. Dann kann der Sirup durch ein Sieb gegossen werden und fertig ist der Maiwipferlsirup!

  • Sollten sich nach einigen Monaten (im Herbst) immer noch nicht aufgelöste Zuckerstücke im Glas befinden, war wohl die Zuckermenge zu hoch. Dann trotzdem abseihen.

  • Die verbleibenden Wipferln und Zuckerreste sind zu schade um sie einfach zu kompostieren. Ich übergieße sie (immer noch im Sieb, mit einem Krug darunter) mit kochendem Wasser. Diese Lösung dient dann für einige Tage, im Kühlschrank aufbewahrt, als Sirup für Limonaden oder Süßungsmittel für Tees.
  • Am besten im Kühlschrank aufbewahren – so hält der Sirup die folgende Wintersaison ohne zu verderben.

  • Ergänzend können auch einige fein geschnittene Quendel- oder Thymianstängel sowie Spitzwegerichblätter miteingelegt werden.

Viel Freude beim Tun und gutes Gelingen wünscht dir deine

Kräutereva

Wie immer gilt: 
Die Autorin übernimmt keine Verantwortung und Haftung für Wirkung und Gelingen. Die Leser handeln auf eigene Gefahr. 
Die exakte Bestimmung der gesammelten, gesunden Pflanzen hat absolute Priorität, ebenso muss der Sammelort sorgfältig ausgesucht werden. 

Literaturhinweise, Quellenangaben

  • „Grüne Apotheke. Das Standardwerk zur Pflanzenheilkunde“ von Dr. Jörg Grünwald und Christof Jänicke, GU-Verlag, erschienen 2015      
  • „Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen. 2000 Pflanzen Mitteleuropas. Bestimmung, Sammeltipps, Inhaltsstoffe, Heilwirkung, Verwendung in der Küche“ von Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann und Roland Spiegelberger; 3. Auflage 2016; AT-Verlag