Meisterwurz

Vom Michaelistag (29. September) bis 1. November ist die empfohlene Zeit Wurzeln zu Heilzwecken auszugraben. In dieser Zeit befinden sich die meisten Wirkstoffe in den Wurzeln. Ab November gönnen wir den Pflanzen ihre Ruhepause. Eine weitere Gelegenheit Wurzeln zu sammeln bietet sich im Frühjahr vor dem Austrieb.
Die Meisterwurz wächst im Gebirge in mittleren Höhen und wird vor allem im Walsertal traditionell als starke Heilpflanze für Mensch und Tier verwendet. Auch ich setze sie gern ein.
Die Wald-Engelwurz findest du am Waldrand und an Wegrändern in Tallagen bis etwa 1000 m Seehöhe.
Die Echte Engelwurz oder Arznei-Engelwurz ist in unseren Breiten nur in Gärten zu finden.
Alle drei Pflanzen haben ähnliche Wirkstoffe und können ähnlich verwendet werden.

Die Meisterwurz

Blätter der Meisterwurz im Herbst, charakteristisch ist der rote Stielansatz

Nachdem ich von den heute beschriebenen Pflanzen am liebsten die Meisterwurz verwende, widme ich ihr den größten Teil des Beitrags.

Woran erkennst du die Meisterwurz-Wurzel?

Um die Meisterwurz sicher erkennen zu können, empfiehlt es sich bereits im Frühjahr und Sommer die Pflanzen zu suchen, sich mit ihrem charakteristischen Geruch vertraut zu machen und sich Form und Farbe der Blätter und Stängel einzuprägen.

Kennzeichen: Rote Stielansätze, weiße Hauptwurzel, helle Seitenwurzeln. Der Geruch gleicht dem der Blätter im Sommer.

Achtung – Verwechslungsgefahr!

Im Folgenden ein paar Beispiele, was du NICHT sammeln solltest, das aber recht ähnlich aussieht und den gleichen Standort hat:

Der platanenblättrige Hahnenfuss – eine Giftpflanze

Der platanenblättrige Hahnenfuss mit Wurzel. Die Haupt- und Nebenwurzeln sind schwarz.

Huflattich

Bergbärenklau

Ein weiteres Doldengewächs – um welches es sich handelt, konnte ich nicht herausfinden …

Inhaltsstoffe der Meisterwurz-Wurzel

Die Wurzel enthält ätherische Öle, Furocumarine, Flavonoide, Gerb- und Bitterstoffe, Harze und Gummi. Harze und Gummi spürt man bei der Verarbeitung auf den Fingern.

Anwendungen und Verwendung

Volksmedizinisch gilt sie als stark stoffwechselanregend und immunstimulierend und wird sie außerdem bei Rheuma, Fieber und Magen- und Darmerkrankungen verwendet. Weiters soll sie beruhigend, schmerzstillend, appetitfördernd (auch in der Rekonvaleszenz), blutdrucksenkend, hautreinigend, cholesterinsenkend, mensisfördernd, potenzstärkend, milchfördernd, harn- und schweißtreibend, beruhigend und krebsfeindlich wirken. Also ein wahres Allheilmittel! 🙂
Äußerlich werden Umschläge mit in Wurzelabkochung getränkten Tüchern bei schlecht heilenden Wunden oder Abszessen vor allem bei Weidetieren angewandt. Bei Selbstversuchen auf Verträglichkeit achten (Furocumarine erhöhen die Empfindlichkeit der Haut gegenüber Sonnenlicht)!
In der Küche kannst du mit kleinen Mengen der zarteren einjährigen Wurzeln Gemüsesuppen und Mischgemüsegerichte würzen oder daraus Bitterlikör herstellen (gemeinsam mit anderen Kräutern; dazu können auch ältere Wurzeln verwendet werden).

Sammelhinweise

Wie in der Einleitung erwähnt, ist die beste Sammelzeit von Michaelistag am 29. 9. bis 1. November oder im Frühjahr vor dem Austrieb (hier ist die Suche aber noch schwieriger!). Die Wurzeln lassen sich mit einem harten, zugespitzten Stöckchen recht gut ausgraben. Zu finden ist die Meisterwurz am häufigsten in schattigen Lagen an Wegrändern auf Almen oder zwischen Gebüsch. Entnimm immer nur einen Teil der Wurzeln, so kann die Pflanze weiter wachsen und du kannst noch viele Jahre am gleichen Ort fündig werden.

Die Wald-Engelwurz (Angelika)

Wald-Engelwurz im ersten Jahr im Herbst
Wald-Engelwurz: So sieht sie in voller Blüte in ihrem zweiten Vegetationsjahr aus. Fotografiert in Göfis im Juli 2020.

Um die Wurzeln dieser Pflanze zu finden, musst du nicht wandern gehen. Du wirst sie beim aufmerksamen Spazieren in Wäldern im Tal oder im Hügelland finden. Allerdings tritt sie meist nicht so zahlreich auf und du solltest sie dann eventuell schonen. Findest du allerdings viele Pflanzen, dann kannst du versuchen ob sie „deine Heilpflanze“ ist.


Die Arznei-Engelwurz oder Echte Engelwurz (Angelika)

Die Echte Engelwurz – in unserem Garten im April 2020 fotografiert. Die Pflanze wurde über 2 m hoch!

Die Echte oder Arznei-Engelwurz ist eine zweijährige Pflanze. Du findest im Frühjahr kleine Pflänzchen in ausgesuchten Gärtnereien. Im Garten braucht sie im ersten Jahr nicht viel Platz. Sie sollte nicht von umgebenden Pflanzen „erdrückt“ werden und eventuell ist Schneckenschutz notwendig. Verwendest du ihre Wurzeln, dann gräbst du sie im Herbst des Anpflanzjahres aus. Damit ist dann auch der Lebenszyklus dieser Pflanze beendet.
Willst du eine blühende Pflanze im Garten haben, verzichtest du auf die Wurzel oder du setzt mehrere Pflanzen. Im zweiten Jahr, dem Blüte- und Fruchtjahr, braucht sie allerdings sehr viel Platz und verdrängt dann ihrerseits andere Pflanzen. Aber sie ist wirklich prachtvoll! Und einige Wochen nach der Blüte kannst du dann tausende von Samen ernten.
Mir ist bisher die Nachzucht aus eigenen Samen nicht gelungen – vielleicht hast du ja mehr Glück …

Inhaltsstoffe von Wald-Engelwurz und Echter Engelwurz (Angelika)

Die Pflanzen enthalten ätherisches Öl, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Cumarine und Phenolcarbonsäuren sowie Furocumarine.

Anwendung und Verwendung von Wald-Engelwurz und Echter Engelwurz (Angelika)

Achtung: Die im Pflanzensaft, auch in den Wurzeln, enthaltenen Furocumarine erhöhen die Lichtempfindlichkeit der Haut. Bei empfindlichen Personen kann es bei Hautkontakt zu Hautreizungen (Wiesendermatitis) kommen!
Die Pflanzen sollen antibakteriell, gegen Pilze im Darm wirken und die Abwehrkräfte steigern. Als arzneilich am wirksamsten gelten die Wurzeln. Der Tee soll bei Magen-Darm-Problemen,Rheuma und Bronchitis helfen, aber auch bei Gicht und Menstruationsbeschwerden. Die Wurzel soll außerdem die Lebertätigkeit anregen. Die Wirkung gegen Blähungen hat ihr in einigen Gegenden zum Namen „Engelpfurz“ verholfen. 😀
Angelikawurzel ist ein wichtiger Bestandteil von Magenbittern.
In der Küche kennt man vor allem die kandierten jungen Blattstiele. Die Wald-Engelwurz hat meiner Meinung nach aber einen etwas „muffigen“ Beigeruch, da ist die Echte Engelwurz eindeutig mein Favorit!
Die Wurzeln sind wie die Wurzeln der Meisterwurz ein Würzmittel für Suppen und Mischgerichte.
Früher wurden sie auch als eine Art von Schnupftabak verwendet.

Weitere Informationen zu den drei Pflanzen findest du in der „Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen. 2000 Pflanzen Mitteleuropas. Bestimmung, Sammeltipps, Inhaltsstoffe, Heilwirkung, Verwendung in der Küche“ von Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann und Roland Spiegelberger

Nun zur Verarbeitung.
In unserer Hausapotheke steht seit einigen Jahren immer ein Fläschchen mit Meisterwurztinktur:

Meisterwurz-Tinktur

Zutaten

Obstbrand maximal 40 Volumen% ( am besten aus deiner Region)
Wurzel(n) der Meisterwurz
1 Glas mit Schraubverschluss

Zubereitung

  • Das Glas gut reinigen.
  • Die Wurzel(n) schrubben und trocken tupfen.
  • Schadhafte Stellen und Nebenwürzelchen entfernen. Die Wurzel(n) nun in dünne Scheibchen schneiden.
  • Scheibchen in das Glas geben, mit dem Obstbrand auffüllen. Die Teile müssen gut bedeckt sein.
  • 6 Wochen bis zu 4 Monate an einem hellen Platz, nicht in der direkten Sonne, ziehen lassen. Täglich schwenken und kontrollieren, ob die Wurzelteile noch vom Obstbrand bedeckt sind; gegebenenfalls auffüllen.
  • Tinktur durch ein Tuch abseihen und lichtgeschützt aufbewahren. Mindestens 1 Jahr haltbar.

Verwendung

1 bis 3mal täglich 2 bis 3 Tropfen in ein Glas Wasser – nur einigeTage, da die Wirkung sehr stark ist. Bei längerer Anwendung 1mal täglich 2 Tropfen in ein Glas Wasser.
In der Volksheilkunde wird die Tinktur zur Anregung der körpereigenen Abwehrkräfte, zur Stärkung in der Rekonvaleszenz und bei Verdauungsproblemen empfohlen. Weitere Möglichkeiten der Anwendung findest du unter der Beschreibung der Meisterwurz.

Wie bereits eingangs erwähnt, können die zwei Engelwurz-Arten gleichwertig verwendet werden.

Gutes Gelingen und bleib gesund!