In der Ausbildung zur Kräuterpädagogin habe ich das erste Mal in meinem Leben eine Spitzwegerichknospe gekaut und dann fasziniert das Pilzaroma wahrgenommen. Mit einem kleinen bitteren Beigeschmack, der aber relativ dezent im Hintergrund bleibt.

Mit Freunden haben mein Mann und ich zu Pfingsten gemeinsam Kräuter gesammelt und unter anderem eine Spitzwegerichsuppe gekocht – und genossen! Es ist wirklich erstaunlich wie pilz-aromatisch sie schmeckt. Ich war so begeistert, dass sie eine Woche später zur Einleitung eines Kräuter-Menüs gleich wieder auf unserem Esstisch stand.

Lass dich von dieser Begeisterung anstecken und sammle und koche uns nach!

Der Spitzwegerich

Die Phasen der Knospe bis hin zum Samenstand

Erkennungsmerkmale

Hier bilden sich gerade die Knospen aus

Vermutlich kennst du den Spitzwegerich ohnehin gut. Typisch sind die lanzettlich geformten Blätter mit 3 bis 5 längs verlaufenden Blattnerven. Die Knospen sind dunkelbraun und länglich, bald schieben sich kranzförmig die beigen Staubbeutel heraus.

Hier steht der Spitzwegerich in voller Blüte

Spitzwegerich wächst am liebsten inmitten von Wiesen und in großen Mengen von Tallagen bis in mittlere Höhen.

In den Bergen gibt es einen zarte Verwandten, dessen Blätter allerdings so schmal und klein sind, dass ein Sammeln für die Küche mühsam wird: Den Alpen-Wegerich.
Der ebenfalls ähnlich aussehende Berg-Wegerich sieht wie ein Miniatur-Spitzwegerich aus, die Blätter sind etwas breiter als die des Alpen-Wegerichs.
Als erste Hilfe bei Insektenstichen oder kleinen Wunden sind die zarten Verwandten aber genauso verwendbar.

Der mittlere Wegerich hat etwas breitere, bauchigere Blätter und größere Blütenähren, die leicht rosa gefärbt sind und einen feinen vanilleartigen Duft haben.
Der Breitwegerich ist dir sicher auch bekannt – mit seinen sehr breiten Blättern und seinem beliebtesten Standort, mitten auf festgetretenen Wegen.

Alle aufgezählten Wegerich-Arten sind ähnlich verwendbar und dürften auch ähnliche Inhaltsstoffe besitzen. Erforscht und als Heilpflanze anerkannt ist nur der Spitzwegerich.

Sammelzeit

Zu Heilzwecken wird das ganze Kraut ohne Wurzel zur Blütezeit gesammelt. Idealerweise nach 2 sonnigen Tagen bei trockener Witterung am späten Vormittag. Hauptblütezeit ist Mai bis Oktober.
Für die Küche können die Knospen vor Ausbildung der Staubbeutel und die Blätter kurz nach dem Austrieb, wenn sie noch zart sind, gesammelt werden. Dafür ist jetzt in mittleren Lagen die ideale Zeit. In Tallagen findest du diese Pflanzenteile zur Zeit auf Wiesen, die heuer bereits einmal gemäht wurden. Allerdings sollte die Wiese nicht frisch gedüngt sein!
Die noch unreifen Samen mit der Ähre und die reifen Samen können ebenfalls verwendet und somit gesammelt werden. Da wirst du ab Anfang / Mitte Juni fündig werden.
Ältere Blätter können für gekochte Gemüsegerichte gesammelt und verwendet werden.
Die reifen Samen am besten von den Ähren direkt in Gläser streichen, dann trocknen lassen und anschließend verschlossen lagern.

Inhaltsstoffe und Anwendungen

Spitzwegerich enthält 2 – 3 % Iridoide (Aucubin), Schleimstoffe, Saponine, Flavonoide, Kieselsäure (über 1%), Mineralstoffe – vor allem Zink und Kalium – sowie die Vitamine C und B.

Er ist seit der Antike eine der meist verwendeten Heilpflanzen.

Er wirkt antibakteriell, entzündungshemmend und krampflösend. Er wird in Form von Tee (1,5 TL Kraut auf 150 ml kochend heißem Wasser, 10 – 15 Minuten ziehen lassen, 3 – 4 Tassen täglich) oder Saft gegen Mund-, Rachen- und Atemwegsentzündungen eingesetzt.
Auch bei Hautentzündungen oder oberflächlichen Verletzungen und Verbrennungen entfaltet Spitzwegerich seine Wirkung – hier helfen Umschläge (1 – 2 EL Kraut in 150 ml Wasser ansetzen, zum Kochen bringen, kurz aufkochen, abseihen und auskühlen lassen).
Als erste Hilfe zerquetschte Blätter bei Insektenstichen auflegen. 

Verwendung in der Küche

Der Spitzwegerich schmeckt nussig, pilzaromatisch. Das Pilzaroma entwickelt sich erst nach längerem Kauen oder Kochen (1/4 Stunde).

Vor allem die zarten Blätter aus der Rosettenmitte oder Knospen werden für Salate, Aufstriche, Pesto und Suppen verwendet. („Wildkräuter-Pesto“ siehe im Blogbeitrag des letzten Jahres: https://www.kraeutereva.at/wp-admin/post.php?post=490&action=edit )

In Russland werden die jungen Blätter wie Sauerkraut milchsauer vergoren.

Die unreifen Samen mit den Ähren können wie junge Blätter und Knospen verwendet werden.

Die reifen Samen können ebenfalls gegessen werden. Allerdings werden sie recht schleimig, vergleichbar den Flohsamen. Man kann sie Brotteigen, Müsli (davor mörsern), Aufläufen, Bratlingen und Suppen beigeben oder daraus eine Grütze kochen.

Ältere Blätter können kleingeschnitten und gekocht als Gemüse verwendet werden.

Spitzwegerich-Suppe

Für 4 Personen

Die Zutaten

Zutaten

¾ L Gemüsebrühe
¼ L Süßrahm oder Milch
1 Handvoll junge Spitzwegerich-Blätter
2 TL Stärkemehl
Salz
Pfeffer
Muskat

Einige Spitzwegerich-Knospen
Etwas Butter
Einige Gänseblümchen-Blüten

Zubereitung

  • Knospen und Blätter waschen und gut abtropfen lassen.

  • Gemüsebrühe und Rahm oder Milch zusammen aufkochen.
  • Spitzwegerich-Blätter waschen, fein schneiden und zur Suppe geben. 15 Minuten zugedeckt leicht köcheln lassen. Erst dann entwickelt sich der Pilzgeschmack.
  • Die Knospen reinigen und in wenig Butter kurz anbraten, etwas salzen und zugedeckt auf die Seite stellen.
  • Stärke mit wenig Wasser verrühren, in die Suppe einrühren, einmal aufkochen lassen. Die Suppe pürieren, mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.
  • Auf Tellern verteilen, mit den Knospen und Blüten dekorieren und servieren.

Gutes Gelingen und guten Appetit!

Quellen:
Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. 2000 Pflanzen Mitteleuropas von Fleischhauer, Guthmann und Spiegelberger, AT Verlag; Grüne Apotheke von Dr. Grünwald und Jänicke, GU Verlag;
Die „Unkräuter“ in meinem Garten von Storl, GU Verlag